Für fast jede Aufgabe im Unternehmen kann man entscheiden, ob ein interner oder ein externer Mitarbeiter die Aufgabe lösen soll und fast jedes Unternehmen setzt Freelancer ein – sei es ggfs. nur der Steuerberater. In Deutschland diskutiert man derzeit sogar über „freiberufliche“ Schlachter in der industriellen Fleischverarbeitung. Die Vorteile von Freelancern scheinen also zu überwiegen, aber selten wurde eine Arbeitsweise so exzessiv genutzt und gleichzeitig so dilettantisch gelebt.

Das muss sich spätestens dann ändern, wenn die Babyboomer nur noch als Freelancer verfügbar sind – weil in Rente …


Und wer kauft diese Manpower momentan eigentlich ein?

  • Macht das die Fachabteilung nach eigenem Ermessen?
  • Oder macht das die Einkaufsabteilung, weil es eine extern erbrachte Leistung ist?
  • Oder HR, weil es um Manpower geht?

Gibt es Regeln für die Integration von Freelancern? Wer entscheidet über das Budget? Und gibt es überhaupt ein vorgegebenes Budget? Unterschreiben die auch all das was jeder Mitarbeiter unterschreiben muss? Datenschutzthemen? Geheimhaltung? Kontakt zu Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern?


Und was macht das mit den jüngeren Mitarbeitern?

Die arbeiten dann immer noch mit den Alten und für die Alten – und speziell die „Sandwich-Führungskräfte“

 

Von profaner Information bis Vertraulichkeit

Ich habe mit einem Team von Freiberuflern einen untergeordneten Server bei einem Industriebetrieb gewartet (Updates, Patches etc.). Unterschrieben habe ich noch nicht mal, dass ich nichts kaputt machen werde. Ich habe für den Datenschutzbeauftragten einer deutschen IHK gearbeitet. Unterschrieben habe ich annähernd nichts und der Personalrat wurde auch nicht gefragt, ob ich das überhaupt darf – und was ich alles sehen oder nicht sehen darf. Ich hatte Schlüssel zu ca. 40 VPN’s (Virtual Private Network) und habe nur ein einziges Mal unterschrieben, dass ich es SOFORT dem Admin melden muss, wenn ich glaube, dass der Schlüssel kompromittiert sein könnte. Das sind aber nur die EDV-Erfahrungen …

Noch schlimmer scheint es zu sein, wenn man im Turn Around Bereich tätig ist. Ich habe Gläubigerlisten und die Ansprechpartner von Finanzamt und Banken in der Hand noch bevor ich eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben habe. Ich habe den Personalrat oder Betriebsrat noch gar nicht kennengelernt, da habe ich schon die Personalakten gesehen und auf die EDV-Netze komme ich entweder gar nicht oder allumfassend – beides ist „murks“.

Auf der anderen Seite gibt es massive Probleme an ganz profane Informationen heran zu kommen: Wie funktioniert die Telefonanlage? Wie kommt man ins Parkhaus rein und raus? Wo steht die Kaffeemaschine? An wen wende ich mich, wenn ich im Haus auf Hindernisse oder gar Widerstand stoße? Und dann laufe ich für knapp € 200 die Stunde im Haus rum und suche mir einen Kaffee.

Breefing für Freelancer wie für Angestellte

Bei jedem neuen Mitarbeiter sind diese Dinge ordentlicher geklärt. Oft gibt es in der HRAbteilung eine Art „Breefing“ über die Gebräuche, Befugnisse, Compliancethemen werden abgearbeitet und eine Liste mit den wichtigsten Gesprächspartnern von Personalrat, Abteilungsleitungen u.s.w. wird übergeben. Und immer wenn ich mit den HR-Abteilungen verhandeln musste, waren die Zugangsvoraussetzungen sorgsamer festgelegt, als wenn ein Fachabteilungsleiter „nur mal schnell ein Problem lösen will“. Sofern er das Budget dazu hat, holt der häufig einen Fremden ins Unternehmen und betreibt die interimsweise Integration ins Team nach Belieben. Das ist jedenfalls die häufigste Erfahrung.

Wer kauft Freelancer ein?

Ist es besser, wenn der Einkauf Freelancer einkauft? Der müsste genauso wie die Fachabteilung erst all das lernen, was HR schon weiß – nämlich wie man Menschen reibungslos und schnell in ein Team integriert, ohne dabei wichtige Aspekte zu vergessen – vom Assessment bis zur Aussteuerung (ich bin auch schon gegangen, ohne dass meine Passwörter wieder gelöscht wurden). Was sagt das eigentlich über das Qualitätsmanagement des Unternehmens?

Eine ganz wichtige Frage für Personalverantwortliche: Warum versucht die Fachabteilung, den HR-Bereich aus diesem Prozess herauszuhalten? Ist die Einmischung unerwünscht? Fehlt das Einsehen in die Notwendigkeit? Geht es um „Erbhöfe“ wie man bei uns in Niedersachsen sagt? Oder liegt es daran, dass HR diese Aufgabe nicht auch noch übernehmen will?

Eine Frage der Strategie

Man kann das Thema drehen wie man will: Wenn ein Unternehmen Freelancer einsetzen möchte, dann muss das Management den Fakt an sich beschließen. Danach muss das Management Regeln aufstellen, wie der Einsatz von Freelancern auszusehen hat. Diese Regeln müssen aus Einkaufsregeln (wie z.B. Zahlungsziele, Lieferbedingungen) und HR-Themen (wie z.B. Vertraulichkeit, Datenschutzerklärung, Nachweis der Befähigung, Führungszeugnisse etc.) zusammengesetzt und deren Einhaltung zentral überwacht werden. Der Report erfolgt an die Stelle im Management, die auch das Personalbudget verantwortet.

Es müssen Kennzahlen entwickelt werden, die mindestens die Verhältnisse sauber darstellen und falls ein Freelancer erneut eingesetzt werden soll – oder künftig mehr oder nur noch auf bestimmte Themen beschränkt – dann müssen hierüber „Personalakten“ geführt werden. Sonst wird auch weiterhin in der Kantine entschieden, wen ein Unternehmen gern wo und wofür einsetzen möchte.

Ihr Fazit & mein Fazit

Haben Sie beim Lesen zwischendurch genickt? Hatten Sie schon mal ähnliche Fragen? Oder hatten Sie sogar bestimmte Leute vor Augen? Dann führt Sie Ihr nächster Weg morgen zu Ihrem Geschäftsführer – mit einer Kopie dieses Artikels.

An dieser Stelle folgt eigentlich der Werbeblock des Autors, aber ich möchte darauf gern verzichten. Keines der angesprochenen Themen ist so kompliziert, dass Sie es nicht auch ohne einen Freelancer optimieren könnten. Ich hoffe mein kleiner Beitrag hat Sie trotzdem ein bisschen interessiert.

Dieser Artikel ist auch auf HRweb.at erschienen (link).